Meine Alpine (s)
AndyAls Spross einer Architektenfamilie in 3. Generation war ich schon immer design- affin- wie mein Vater und Großvater auch. So gehörten zum Fuhrpark meines Opas die Citroen DS wie auch sein letztes Auto, ein 1967er BMW 2000 Coupé mit Automatik - das sogenannte Schlitzaugencoupe, welches sich noch heute als familiärer Erstbesitz in meiner Garage steht.

Mein Vater hatte immer Citroen DS und CX, dann BMW 7er und träumte vom Citroen SM, traute sich aber nicht. Ich dagegen habe mich mit den üblichen Flitzern hochgearbeitet wie BMW 2002, Golf und Schirocco GTI, und dann die erste Alpine Bj. 82. Ich habe damals lange damit gerungen, die Form gefiel mir einfach, weil sie eine gute „Architektur“ hat.

Und auch, weil die verkleideten Lampen etwas intelligenter sind als Klappscheinwerfer, da ist ja nachts der Cw- Wert schlechter ;)

2 Citroen SM kamen dann auch noch dazu ab 1989.
Große Verunsicherung kam nur auf, als meine Mutter kurz vorm Kauf der Alpine meinte, sie hätte in Mannheim eine Alpine gesehen mit so einem tätowierten Zuhälter drin, und das sei kein Auto für mich. Also war ich mal wieder in der Entscheidung zurückgeworfen und habe das damalige Spektrum an ähnlichen Sportwagen ausprobiert. Zuerst den Porsche 944, der damals (1982) relativ neu war. Bei Porsche Mannheim einen Vorführwagen gebucht und von einem geschniegelten laufenden Meter-Verkäufer den Schlüssel zur Probefahrt bekommen. Ich bin den 944 dann einmal rundum MA/LU auf der BAB gefahren und auch im Stadtverkehr. Besonders unangenehm fiel auf, dass der 944 bei Bodenunebenheiten klapperte und vor allem jeder Spurrille auf der Autobahn nachgelaufen ist. Das war ein echter Rückschritt zum damaligen Scirocco GTI. Als ich den 944 dann dem Geschniegelten wieder auf den Hof gefahren und den Schlüssel abgegeben habe, meinte der Typ „Na, und?“ Was ich so beantwortet habe, dass der 944 eine Klapperkiste mit miesem Fahrwerk sei- woraufhin mir beschieden wurde, ich könne halt nicht fahren. Naja, wurst, seither nie mehr einen Gedanken an Porsche verschwendet, auch nicht wegen des nach wie vor schlechten Designs (die 924/944 gingen vom Design, finde ich - war ja auch nicht von Porsche).

Die andere Alternative, ein Nissan280ZX war bei der Probefahrt schon um Klassen besser! Nix klapperte, schöner Wumms und guter Geradeauslauf. Und um den Test vollständig zu machen, bin ich dann noch die A310 gefahren. Ok, bei Kopfsteinpflaster klapperte die auch, aber sie lief den gleichen Spurrinnen auf der BAB nicht nach und preiswerter als der 944 war sie auch. Und das Design halt!

Mein Versuch, die 310 in München zu bestellen, schlug leider fehl an der fehlenden preislichen Flexibilität des Verkäufers. Dann habe ich mir die A 310 in Silber bestellt, bei einem Grauimporteur. Kein Problem, Abholung war halt irgendwo im Ruhrpott. Als ich bei der Heimfahrt auf die Autobahn fuhr und mal kurz draufgetreten habe, hatte ich den Eindruck, dass es mir die Backen (die oberen!) nach hinten zieht - irre Beschleunigung im Vergleich zum GTI. Aber ich habe sie trotzdem gut eingefahren. Für die 1000km Inspektion bin ich dann zu Renault, wo mir der Verkäufer wieder über den Weg lief und fragte, ob ich die 310 beim Kollegen gekauft hätte. Nein, denn ein anderer Händler hat mir den Preis passender gemacht, habe ich gesagt. Als er hörte, um wieviel, meinte er, das hätte er auch machen können. Hätte er halt, der Trottel! Dann stellten die noch fest, dass es die neuere Version war als sie sie gerade bekämen. Es war glaub ich eine belgische 310, die Grauhändler haben damals anscheinend aktuelleren Zugriff gehabt als die Renault- Vertretungen.

Die silberne 82er bin ich dann über ein Jahr gefahren. Die war von den Karrosseriepassungen ganz gut, vom Motor ging sie. Dann hatte ich Wassereinbrüche im Fußraum, die Ablauflöcher im Schweller waren werksseitig zwar da, aber die inneren Glasfasern hatten sich wieder draufgelegt und bildeten ein Sieb, das den Ablauf versperrte. Aufgedremelt, dann war Ruhe. Die Michelinreifen machten bald einen irren Lärm, der Tacho fiel aus und die Krönung war, dass mich während der Oktoberfestzeit in München nachts an der Kreuzung einer angefahren hat und Fahrerflucht beging. Es war links am Heck. Ich habe das reparieren lassen bei Renault mit dem Erfolg, dass beim nächsten Mal Waschen mit Dampfstrahler der halbe Lack wegflog. Gut, haben sie gemacht, aber war mir eine Lehre.

Irgendwann nach ca.1,5 Jahren war dann soviel Zeug zu machen, dass sich das rechnerisch nicht lohnte, weswegen ich bei einem anderen Renaulthändler in M. eine neue mit Inzahlungnahme angefragt habe, in dem schönen Marineblau, das es inzwischen gab. Dass der Meister, der die silberne geprüft hat, die ganzen Mängel nicht merkte, zeigte mir, dass ich da vielleicht eine Alpine kaufen kann, aber nie zur Wartung bringen sollte. Der Preis passte, die wussten ja nicht, dass die silberne ein Grauimport war, ich habe fast den Neupreis wiederbekommen. Und die Aufzahlung für die Marineblaue eben. Die kam als späte 1984er dann ein paar Wochen später und die habe ich heute noch.

Die marineblaue Alpine war, wie sich herausstellte, vom Motor erheblich durchzugskräftiger als die Silberne, aber die Karrosseriepassungen und im Innenraum die Verarbeitung waren unter aller Kanone. Ich habe sie im September 84 bekommen und über den Winter komplett nachgearbeitet.

Werkstätten - ich war einmal zur ASU bei dem letzten Händler, da wollten die schon vor dem Messen am Vergaser rumstellen, was ich verweigert habe - die Messung war auch trotzdem erfolgreich. Seither hat die Alpine bis 2018 keine Werkstatt mehr gesehen, ohne dass ich nicht danebengestanden habe., um ggf. den Mechanikern eins über die Rübe zu geben, wenn die was Dämliches vorhatten. Bis ich dann 2018 den Frank Jordan geortet habe, der meinen Intelligenz- und Qualitätsansprüchen entspricht und bei dem ich sie daher in guten Händen wusste, auch wenn ich nicht daneben stehe. Das Überzeugende dran ist, dass Frank selber schraubt mit Hirn und keine Mitarbeiter hat. Mitarbeiter habe ich beruflich selber welche, deswegen bin ich da vorbelastet.

Inzwischen sind Kühlernetz, Motor und Achsen erneuert, und sie läuft immer noch prima. Lack ist noch okinool, mit ein paar Steinschlägen halt. Am preiswertesten ist echt, wenn man einen Neuwagen einfach behält und zum Oldtimer reifen lässt.

Was ich prima finde, ist die professionelle Teileversorgung, die über die einschlägigen Händler geleistet wird. Da bin ich vom Citroen SM ganz Anderes gewöhnt. Aber trotzdem habe ich mir einen sinnvollen Vorrat selbst angelegt. Dem zu gute kam, dass ich als Architekt in den frühen 90ern die Niederlassung München der Renault AG gebaut habe (https://building.de/projekte/10-projekte/gewerbebau/27-renault-niederlassung-muenchen.html), womit ein guter Kontakt zum Chef des Teilelagers entstanden ist. So liegen in meinem Lager in der Garage Neuteile- Pretiosen (NOS) wie Scheinwerfer, Rückleuchten, Stoßschilde, Instrumente usw. Das ermöglicht mir im Falle eines Defektes plug and play - das defekte Teil geht dann gleich weiter in die Wiederaufarbeitung und neuerlich ins Lager.

Die Alpine ist weitgehend im Originalzustand, abgesehen von den obligatorischen Gottifelgen - die originalen Michelins von 1984 hängen neuwertig, aber steinhart in der Garage. Und irgendwann flogen die rostigen Hitzeschutzbleche raus und wurden durch Edelstahlbleche erneuert, Die Schläuche kamen in schwarzem Silikon rein, aber Lack und Interieur blieben original. Die Alpine hat heute etwa 85000km drauf seit 1984 und ich fahre gerne mit ihr durch die Landschaft, sei es die bayrische oder die Kurven in der Gardaseegegend. Gut, inzwischen mit auf die 70 zugehend, ist der Ein- und Ausstieg etwas mühsam, und wenn am Ziel ein Chiropraktiker wartet, ist das auch nicht schlecht.
Und sie ist recht zuverlässig, eben auch, weil sie als Erstbesitz nicht verbastelt und verspoilert wurde. Das immerhin unterscheidet sie von vielen anderen, und ich habe auch immer noch keine Tatoos, womit ich nach wie vor nicht dem Klischee meiner Mutter gefolgt bin.


Mit freundlichen Grüßen
Andy ( Dipl.- Ing. Andreas Heene )